Freitag, 25. April 2008

Dossier: Der EU-Reformvertrag von Lissabon - Teil 1


Was Brüssel sagt, das müssen wir machen
So steht es im Text: „Diese Verfassung und das von den Organen der Union in Ausübung der der Union übertragenen Zuständigkeiten gesetzte Recht haben Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten.“
Bis 2004 kamen ca. 2/3 aller Gesetze aus Brüssel, mit Strafen versehen, wenn sich ein Land nicht daran hält. Die Vorgaben der EU sollen nach dieser Verfassung sogar noch über den Verfassungen und Grundgesetzen der Mitgliedsländer stehen. Dieser Artikel stand im Entwurf der Verfassung weit hinten. Um zu zeigen, wie ernst er gemeintist, steht er jetzt weiter vorne – noch vor den Grundrechten (Art. I–6, S.18).

Brüssel kann Teile dieser Verfassung nach eigenem Gutdünken abändern
Von 321 Bestimmungen des Teils 3 dürfen 154 geändert werden – ohne eine Regierungskonferenz, und ohne dass das EU-Parlament zustimmen muss. Darunter sind sehr wichtige Bereiche: europäischer Binnenmarkt; Arbeitnehmer; freier Warenverkehr; Kapital- und Zahlungsverkehr; Wettbewerbsregeln; Wirtschafts- und Währungspolitik; Umwelt; Verbraucherschutz; Verkehr; Landwirtschaft; Justiz; Industrie. Es reicht schon, wenn das EU – Parlament nur „angehört wird; nur der Europäische Rat muss sich einig sein (Art. IV–445, S. 197)

Darf sich Brüssel mit einer Selbstbedienungsklausel alles erlauben?
Mit der „Flexibilitätsklausel“ hat sich die EU eine Hintertür eingebaut. Eigentlich war beschlossen, dass die EU nur dann tätig werden darf, wenn sie dazu ausdrücklich befugt wurde – die sog. „begrenzte Einzelermächtigung“.
Aber das wird durch eine unverfänglich klingende „Flexibilitätsklausel“ unterlaufen: Fehlt Brüssel die eigentlich erforderliche Ermächtigung, darf man dennoch „geeignete Maßnahmen“ ergreifen, so man das für richtig hält. Brüssel muss sich nur eine einstimmige Zustimmung eines Ministerrates und die der Mehrheit des Parlaments verschaffen (Art. I-18).

Der Gleichheitsgrundsatz im Europäischen Parlament wird grob missachtet
Die Deutschen haben ein Viertel zu wenig Abgeordnete im EU-Parlament
Entsprechend der Bevölkerungszahl müssten die deutschen Interessen von 124 Abgeordneten wahrgenommen werden. Aber die Verfassung gesteht Deutschland viel weniger Vertreter zu: nur 96 gegenüber 654 anderen – es fehlt also rund ein Viertel der politischen Kraft. Und bei künftigen Erweiterungen wird es noch viel schlimmer. Dabei schreibt das deutsche Grundgesetz vor, dass alle Wahlen „allgemein, unmittelbar, frei, geheim und gleich“ stattzufinden haben. In der EU – Verfassung steht fast das Selbe – nur das Wort „gleich“ hat man klammheimlich weggestrichen.(Art. I–20, S. 25 und Schlussakte, 34. Protokoll, Art. 1, S. 389)

Die Bürde des Steuerzahlers
Wissen Sie, wie viel (Steuerzahler-) Geld es kostet, dass die EU beschlossen hat, dass ihr Parlament abwechselnd in Strassburg und in Brüssel tagt? Und wie viel höchstbezahlte Zeit für das Hin und Her der Abgeordneten verschwendet wird? Man schätzt: Das dauernde Umziehen der europäischen Abgeordneten belastet die Steuerzahler im Jahr mit etwa 200 Millionen Euro. In der EU – Verfassung wird das so ausdrücklich so festgeschrieben.
(Schlussakte, 6. Protokoll, S. 267)
Hinzu kommt, dass die EU – Bürger mit dieser Verfassung verpflichtet sind, mehr Geld für militärische Aufrüstung auszugeben. Die Verfasser haben das sehr verschämt ausgedrückt: Sie verpflichteten die Mitgliedsstaaten, „ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern“ – und das heißt im Klartext: mehr Geld für Rüstung. (Art. I– 41 Abs. 3. S.37)

Krieg im Namen der EU
Die EU darf einen Krieg anfangen, ohne das Europäische Parlament zu fragen
Über Militäreinsätze entscheidet allein der Ministerrat der EU. Das Parlament hat weder eine Entscheidungsbefugnis noch eine Kontrolle über Truppeneinsätze und entsprechende Außenpolitik. Es wird sogar ausdrücklich bestimmt, dass nicht einmal der Europäische Gerichtshof eine Kontrollmöglichkeit hat. (Art. I–41, S. 37 und Art. III–376. S. 169)

Todesstrafe erlaubt
In gewissen Fällen ist die Todesstrafe erlaubt!
In der Schlussakte der geplanten EU–Verfassung heißt es wörtlich: „3.b) Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden..." (Schlussakte, Erklärung 12, Art.2, S.434 )
Finden Sie eine Verfassung gut, in der erlaubt wird: Man darf in eine revoltierende Menge schießen ?
Die EU – Verfassung erklärt eine „Tötung“ für zulässig, „wenn sie durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist, um einen Aufruhr oder Aufstand rechtsmäßig niederzuschlagen“. (Schlussakte, Erklärung 12, Art. 2, S.434)

Nationale Souveränität adé!
Möchten Sie eine Verfassung in Deutschland haben, vor welcher der Verfassungsexperte Prof. Schachtschneider warnt:
Die EU – Verfassung versetzt der deutschen Mitbestimmung den Todesstoß.
Der Europäische Gerichtshof hat bestimmt, dass ausländische Unternehmen sich auch in Deutschland nach der Rechtsreform ihres Heimatlandes richten dürfen: Dann aber sind sie nicht mehr mitbestimmungspflichtig.
Die EU – Verfassung würde diese Entscheidung festschreiben.
(EuGH v. 30.9.2003 – RS. 167/01, Art. IV-438 Abs. 4, S.194)

Immerwährende Immunität
Wollen Sie, dass den EU – Beamten ein Freibrief ausgestellt wird?
40.000 EU – Leute wollen immer währende Immunität. Erinnern Sie sich: 1999 musste die EU – Kommission, also die ganze Spitze, wegen eines Korruptionsfalles zurücktreten. Dennoch räumt man den EU – Beamten Immunität für ihre gesamte Arbeit ein, selbst für die Zeit nach ihrem Ausscheiden. In keinem der einzelnen Mitgliedsländer käme man auf die Idee, seinen Beamten Immunität zu verleihen – aber in Brüssel will man nicht zur Verantwortung gezogen werden können; dabei wird dort viel einschneidender in das Leben von 500 Millionen Menschen eingegriffen. Diese Verantwortungslosigkeit wird in der geplanten Verfassung nicht nur für Beamte, sondern auch noch für „sonstige Bedienstete der Union“ für alle Zeiten fortgeschrieben. (Schlussakte, 7. Protokoll, Art. 11, S.270)

Privatleben adé!
Wussten Sie, dass unsere Volksvertreter einer Verfassung zugestimmt haben, die bestimmt: Die „Achtung des Privat – und Familienlebens“ darf eingeschränkt werden, jedenfalls die der Wohnung oder von Telefon und Briefen – „für das wirtschaftliche Wohl des Landes“ oder „zum^Schutz der Moral“
Wer definiert dieses „wirtschaftliche Wohl“? Die EU, deren Wirtschaftspolitik vielleicht angegriffen wird? Oder bei einem Streik, der Arbeitgeber – Verband? Bei Demonstrationen gegen Arbeitsplatz – Vernichtung: die Vereinigung der Hedge – Fonds? Und der Schutz welcher „Moral“? Oben ohne am Freibad? Abonnement eines Erotik – Senders? 3mal geschieden? Verheiratet, aber Kind mit einer Geliebten? (Schlussakte, Erklärung 12, Art. 7, S.438)

Die Quellen – Angaben und die Seitenzahlen beziehen sich auf die offiziell von der EU herausgegebene „Vertrag über eine Verfassung von Europa“
(ISBN 92 – 824 – 3098 – 7)

Quelle: Mehr Demokratie e.V.

Don

Keine Kommentare: